Zu ihrem 80. Vortrag begrüßte die Vortragsreihe »mittwochs um vier« der LeibnizWerkstatt am 10.07.2019 einen Gast, der »kind of from here and from somewhere else« kam: Prof. Dr. Shane Denson, seines Zeichens Medienphilosoph, promovierte an der Universität Hannover und lehrt heute an der Stanford University im Bereich Film & Media Studies.
In seinem multimedialen, durch viele Beispiele illustrierten Vortrag setzte sich Herr Prof. Denson mit »post-cinematic media« auseinander: Medienformate, die sich zwar (unter anderem) cinematischer Mittel bedienen, jedoch über andere Plattformen Verbreitung finden, insbesondere über das Internet, und die von ihrer Gestaltung her auch häufig über konventionelle Videoformate hinausgehen. Post-cinematische Medien lassen sich also gewissermaßen »beyond the cinema« verorten.
Da diese Medien häufig über die indexikalische Eins-zu-eins-Abbildung einer wie auch immer gearteten »tatsächlichen Realität« hinausgehen, werden sie gern als mit dem Realismus im Widerspruch gesehen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob sich der politische Einfluss und die Bedeutsamkeit nicht gerade noch verstärken, wenn mithilfe filmischer und auch spezifisch digitaler Mittel wie Montage und Verfremdung neue, besonders zum Nachdenken anregende, Medienerlebnisse für das Publikum entstehen, die Informationen und Eindrücke auf ästhetische Weise verdichten und transformieren und so weit über eine ikonische Abbildung der Welt hinaus gehen.
Die Bedeutung und den Einfluss audiovisueller Medien kann man im Kontext des »digital age« gar nicht hoch genug einschätzen. »Post-indexical images« lassen in unseren Gehirnen neue affektive Infrastrukturen entstehen, »parasitic images and sounds« setzen sich in unserem Gedächtnis fest, ob wir es nun wollen oder nicht, und beeinflussen unsere individuelle Wahrnehmung ebenso wie politische Diskurse. Es überrascht daher nicht, wenn Herr Prof. Denson – speziell mit Bezug auf Phänomene wie die vielfach online verbreiteten Propaganda-Videos des »Islamischen Staates« – den post-cinematischen Medien eine immense Macht zuspricht: »The literal weaponization of the image«
(Tina Krohn)