Zur Person
Jana Stoklasa ist Historikerin und Doktorandin der Historischen Abteilung am Institut für Didaktik der Demokratie an der Leibniz Universität Hannover. Sie nimmt am wissenschaftlichen Austausch im Rahmen der Alliance for Historical Dialogues, Justice and Memory Networks am Institute for the Study of Human Rights an der Columbia University (New York City, USA) teil. Zu den Schwerpunkten ihrer Forschung zählen transitional justice und kollektive Vergangenheitsaufarbeitung
Vortrag in der Reihe »mittwochs um vier«
WiSe 2018/19
Umstrittenes Vermögen! Kalter Bürgerkrieg und Vergangenheitsblindheit in Wiedergutmachungsverfahren für nationalsozialistisches Unrecht (1948 bis 1968)
1933 zerschlugen die Nationalsozialisten die deutsche Arbeiterbewegung. Der NS-Staat enteignete ihr auf rund 700 Millionen Reichsmark geschätztes Vermögen und setzte es nicht zuletzt für Verfolgung, Propaganda, Kriegsvorbereitung und -wirtschaft ein. Als dann 1948 in Westdeutschland Anträge auf Wiedergutmachung gestellt werden konnten, entbrannte ein erbitterter Kampf um Immobilien, Zeitungsdruckereien und Entschädigungszahlungen.
Die Aushandlungsprozesse im Rahmen dieses lange vergessenen Kapitels deutscher Nachkriegsgeschichte reflektieren wie eng In- und Exklusionsprozesse in Folge des deutsch-deutschen Kalten Bürgerkriegs mit Vergangenheitsblindheit verwoben waren. Das Beispiel von Hannovers Konsumgenossenschaft sowie den Druckereibetrieben der SPD und KPD erlaubt eine konkrete Annäherung an den diskursiven Wandel im Beziehungsgeflecht zwischen Politik, Justiz, wirtschaftlichem Wiederaufbau und Bürokratie.
Beitrag im Sammelwerk Sprache – Bildung – Geschlecht
Kollektives Bewältigen und Verdrängen in Wiedergutmachungsverfahren für nationalsozialistisches Unrecht in Hannover (1948 bis 1968)
Keywords
- Wiedergutmachung für historisches Unrecht,
- Rückerstattung,
- Konsumgenossenschaft,
- SPD,
- KPD,
- Restitution für Arbeiterorganisationen nach dem Zweiten Weltkrieg,
- Ost-West-Konflikt,
- Antikommunismus,
- ›Kalter Bürgerkrieg‹,
- deutsch-deutsche Nachkriegsgesellschaft,
- Erinnern und Vergessen.
Abstract
»1933 zerschlugen die Nationalsozialisten die deutsche Arbeiterbewegung. Der NS-Staat eignete sich ihr auf über eine Milliarde Reichsmark geschätztes Vermögen an und setzte es nicht zuletzt für Verfolgung, Propaganda, Kriegsvorbereitung und -wirtschaft ein. Als dann 1948 in Westdeutschland Anträge auf Wiedergutmachung gestellt werden konnten, entbrannte ein erbitterter Kampf um vorhandene Vermögenswerte wie Immobilien, Zeitungsdruckereien oder entsprechende Entschädigungszahlungen. Die Aushandlungsprozesse im Rahmen dieses lange vergessenen Kapitels deutscher Nachkriegsgeschichte reflektieren, wie eng In- und Exklusionen infolge des deutsch-deutschen ›Kalten Bürgerkriegs‹ mit Vergangenheitsblindheit verwoben waren. Anhand der Wiedergutmachungsverfahren der hannoverschen Konsumgenossenschaft sowie der Pressebetriebe der SPD und KPD diskutiere ich in Anlehnung an Aleida Assmann die hier reflektierten Formen historischen Vergessens und ihre Grenzen im Beziehungsgeflecht zwischen (Kultur-)Politik, Justiz, wirtschaftlichem Wiederaufbau und Erinnerungskultur.« (Jana Stoklasa i.E.)