Prof. Dr. Rolf Pohl

Rolf Pohl (Institut für Soziologie) hat mehrere Vorträge zu Fremden- und Frauenfeindlichkeit  aus sozialpsychologischer Sicht in der Reihe »mittwochs um vier« gehalten.

Zur Person

Rolf Pohl war Professor für Sozialpsychologie am Institut für Soziologie an der Leibniz Universität Hannover und befindet sich jetzt im Ruhestand. Er ist außerdem einer der Gründer der Arbeitsgemeinschaft Politische Psychologie. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören im Bereich der Politischen Psychologie die Themen NS-Täter, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit sowie im Bereich der Geschlechterforschung die Themen Männlichkeit, sexuelle Gewalt und männliche Adoleszenz.

Vorträge in der Reihe »mittwochs um vier«

WiSe 2016/17
(a) Das ›Eigene‹ und das ›Andere‹. Zur Sozialpsychologie der Fremdenfeindlichkeit 

Was treibt Menschen dazu, sich abwertend, feindselig oder gar gewalttätig gegenüber denen, die ihnen fremd erscheinen, zu verhalten? Der Hass auf Fremde bei gleichzeitiger Selbstdefinition durch die Zugehörigkeit zu einer »überlegenen« Gruppe, »Rasse«, Kultur oder Nation ist irrational und trägt wahnhafte Züge. Individuell und kollektiv steht dabei ein unbewusster Mechanismus im Umgang mit dem »Eigenen« und dem »Anderen« im Mittelpunkt: Das im Innern abgespaltene und als fremd und bedrohlich empfundene Eigene wird auf äußere Feinde projiziert und stellvertretend an ihnen verfolgt. Was aber ist in diesem Zusammenhang eigentlich »das Fremde«? Und welche Rolle spielen die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen bei den aktuell wieder angestiegenen Ausbrüchen von Fremdenhass? Diesen Fragen wird sich der Vortrag aus einer sozialpsychologischen Sicht annähern.

SoSe 2017
(b) »Der Dreck muss weg«. Eine Einführung in die Sozialpsychologie des Rassismus

Der Kern der aktuellen Fremdenfeindlichkeit ist ein Rassismus, der mal traditionell im biologischen Gewand, mal als kultureller (Neo-)Rassismus auftritt. Gemeinsames Merkmal aller unterschiedlichen Formen ist eine politisierbare Störung der sozialen Wahrnehmung, die es scheinbar mühelos erlaubt, die als feindlich konstruierte und deswegen gehasste Fremdgruppe unter Bezug auf ihre angeblichen minderwertigen »Wesensmerkmale« zu diskriminieren, auszugrenzen und zu verfolgen. Der Vortrag wird den Ursachen, Erscheinungsformen und Wirkungsweisen des Rassismus aus einer sozialpsychologischen Perspektive nachgehen, wobei insbesondere die Projektion und ihre psychosoziale Bedeutung als Mittel der Abwehr persönlicher und sozialer Ängste im Mittelpunkt stehen werden. 

WiSe 2017/18
(c) Was heißt »postfaktisches Zeitalter«? Zur Sozialpsychologie des aktuellen Rechtspopulismus

Populismus entsteht nicht aus dem Nichts, sondern immer im Gefolge ökonomischer Krisen, gesellschaftlicher Umbrüche und von Krisen der repräsentativen Demokratie. Er ist als Massenbewegung von der denunziatorischen Ablehnung von Eliten und Institutionen, einem Anti-Intellektualismus, von verschwörungstheoretischem Denken sowie einer aggressiven Polarisierung und Personalisierung geprägt, die sich vor allem auf den »gesunden Menschenverstand« (common sense) beruft. Damit geht eine starre Betonung des Gegensatzes von einfachem, »reinem« Volk und »korrupter« Elite einher. Wie entstehen solche ressentimentgeleiteten Massenbewegungen, was macht Menschen immer wieder anfällig für populistische Rhetorik und welche Rolle spielt dabei eine gezielte Propaganda, die beispielsweise von der AfD zunehmend selbst als »völkisch« ausgegeben wird? Diesen Fragen wird der Vortrag vor allem aus einer massenpsychologischen Sicht nachgehen.

SoSe 2018
(d) »Frauenfeindlich ist doch nur der fremde Mann, oder?« Über den Zusammenhang von Sexismus und Rassismus in der Mitte der Gesellschaft

Die Aufregung über die sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht 2015/16 in Köln ist heuchlerisch, solange der Sexismus in der deutschen Gesellschaft beschwichtigt, verharmlost und verleugnet wird. Auch die aktuelle #MeToo-Debatte hat daran nichts geändert. Der projektive Fingerzeig auf junge, gewalttätige und sexuell potente Männer aus »rückständigen« und »frauenfeindlichen« (muslimischen) Kulturen hat die Frauen von Köln zum zweiten Mal zum Opfer gemacht. Insbesondere bei den selbsternannten Beschützern deutscher Frauen und ihrer Unversehrtheit aus dem rechtspopulistischen und männerrechtlichen Spektrum lässt sich die enge Verbindung von Fremden- und Frauenfeindlichkeit sowie deren Verankerung in der sogenannten »Mitte« unserer nach wie vor männlich dominierten Gesellschaft aufzeigen.

WiSe 2019/2020
(e) Brauchen wir eigentlich »Identität«? Zur Sozialpsychologie eines politisch zweifelhaften und affektiv hochbesetzten Konstrukts

Der Begriff »Identität« ist ein inflationär verbreitetes Modewort geworden. Sein Reiz liegt dabei in seiner Unbestimmtheit, die ihn letztlich gegen alles, was als nicht-identisch gilt einsetzbar macht. Vor allem in der Beschwörung einer kollektiven, also einer nationalen, kulturellen oder einer geschlechtlichen Identität wird diese Gefahr deutlich. Der Identitätsbegriff suggeriert dabei das Vorhandensein klarer Differenzen und eine wesensmäßige Einheit mit sich selbst beziehungsweise mit der eigenen Gruppe. Die ersehnte innerer Homogenität, Reinheit und Widerspruchsfreiheit kann aber nur durch die Ausgrenzung und Verfolgung derjenigen erreicht werden, die längst als nicht dazugehörig definiert und gerade deshalb als bedrohlich empfunden werden. Der Vortrag wird diesen Fallstricken des Identitäts-Begriffs aus einer sozialpsychologischen Perspektive nachgehen.